Wie entstehen die Bausteine für zielgerichteten Sportunterricht?
Als das Telefon abgehoben wird, erklingt eine Kinderstimme. Kurz darauf schallt ein lautes »Maaami!« durch den Hörer. Eine Minute später kann das Interview mit Andrea Mehnert losgehen. Die Frau aus Staad am Bodensee ist nicht nur Dozentin an der Pädagogischen Hochschule St.Gallen und entwickelt Bausteine für den Schulsportplaner – sie ist auch dreifache Mutter. »Und ich leite seit sieben Jahren das Muki-Turnen. Ich erhalte dort einen guten Einblick, welche Unterschiede in Sachen Bewegung bereits im Vorschulalter auftauchen. Die Übergänge sind fliessend, darum bietet der Schulsportplaner unter «Frühe Bewegungsförderung» auch Ideen für diese Altersgruppe an«, so Andrea Mehnert.
An der Hochschule ist sie als Lehrbeauftragte für Bewegung und Sport tätig. In den letzten Monaten war sie als Teil des fünfköpfigen Teams an der Entwicklung der 1000 Bausteine für den Schulsportplaner beteiligt. »Wir wollen mit den Bausteinen eine Auswahl an sinnvollen Inhalten bereitstellen, welche die Anforderungen an den Lehrplan 21 erfüllen. Das Tool soll den Lehrpersonen einen Überblick geben, damit alle Kompetenzbereiche abgedeckt werden können«, erklärt Andrea Mehnert.
Ein Best-Of des Sportunterrichts
Die Bausteine sind in die sechs aus dem Lehrplan 21 vorgegebenen Kompetenzbereiche wie beispielsweise «Laufen, Springen, Werfen» eingeteilt. Um die Bausteine zu erstellen, haben sich die Dozierenden an verschiedenen Lehrmitteln und der eigenen Erfahrung orientiert. »Daraus haben wir ein Best-Of zusammengestellt. Das war eine Fleissarbeit und mit langen Recherchen verbunden. Zudem mussten wir die Inhalte in den Bausteine so verfassen, dass diese schnell verstanden werden«, sagt Andrea Mehnert.
Andrea Mehnert und ihre vier Kolleginnen und Kollegen verfolgten das Ziel, die Lehrerinnen und Lehrer für die Vielfältigkeit des Sportunterrichts zu sensibilisieren. In ihren Augen müssen die Lektionen mehr sein als ein bisschen Turnen und lediglich Ausgleich zu den kopflastigen Fächern. Gerade junge Kinder lassen sich leicht für Sport und Bewegung begeistern und erzählen zu Hause stolz von ihren Fortschritten. »Diese Freude verlieren einige Schülerinnen und Schüler mit zunehmendem Alter. Oft spüren sie, dass der Sportunterricht nicht für vollwertig angesehen wird – und das gleich von mehreren Seiten«, so Andrea Mehnert. »Das beginnt bei den Eltern, die sich in erster Linie für die zählenden Fächer wie Mathematik oder Biologie interessieren, und endet bei den Lehrpersonen, die ihren Unterricht danach ausrichten.«
Das Gespür kommt von den Lehrpersonen
Trotz der Vorteile des Schulsportplaners hält Andrea Mehnert die Lehrpersonen nach wie vor für die wichtigste Komponente für einen kompetenzorientierten Sportunterricht. »Die Turnhalle ist nicht mit einem Klassenzimmer zu vergleichen«, streicht sie heraus. »Du siehst die Leistungsunterschiede nicht direkt, wenn die Schülerinnen und Schüler an ihrem Platz über einer Rechenaufgabe sitzen. Beim Sport erkennst du sie sofort.«
Deshalb liege es letztlich in der Verantwortung der Lehrperson, den Sportunterricht und die Bausteine so zu planen, dass möglichst alle Kinder gefördert werden. »Die Bausteine bilden ein Grundgerüst, aber das Gespür und die Einschätzung der eigenen Klasse muss von den Lehrerinnen und Lehrern kommen. Diese Überlegungen können wir ihnen nicht abnehmen.« Wird der Sportunterricht mit all seinen Facetten sorgfältig geplant und umgesetzt, entwickeln die Kinder eine positive Einstellung zur Bewegung, was letztlich über die Schulzeit hinaus angestrebt werden sollte. »Es löst etwas aus, wenn Kinder ein gesetztes Ziel, wie beispielsweise den Handstand vorführen können. Es steigert ihr Selbstvertrauen und zeigt ihnen, was sie mit ausdauerndem Üben erreichen können«, so Andrea Mehnert.